QRP

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Definition von “QRP”

Unter QRP wird im Amateurfunk der Sendebetrieb mit kleiner Leistung bezeichnet. Der Begriff entstammt der Abkürzung für „Verringern Sie die Sendeleistung“ aus dem Q-Schlüssel. Die funksportliche Herausforderung bei QRP-Betrieb liegt darin, mit kleinster Sendeleistung möglichst große Distanzen zu überbrücken. Hierbei kommt durch die Leistungsbeschränkung der Wahl der Antenne und des Standorts eine besondere Bedeutung zu. QRP-Betrieb erfordert eine Vielzahl von Fähigkeiten um auf den Kurzwellenbändern erfolgreich zu sein.

Publikation zu QRP von Peter HB9BMY

Der aktive QRP-Operator Peter HB9BMY hat über diesen Bereich des Amateurfunks einen sehr informativen Artikel verfasst der alle wesentlichen Aspekte von QRP beinhaltet. Die Themen Antennen, Technik und Operating werden mit vielen Beispielen aus dem praktischen Funkverkehr ergänzt. Peter versteht es, die Faszination der kleinen Sendeleistung zu vermitteln.
Er schreibt in seiner Einleitung:

Zum QRP-Betrieb gehört beinahe untrennbar der Selbstbau. Viele QRPer befassen sich vorwiegend oder ausschliesslich damit. Der Betrieb ihrer Geräte ist ihnen weniger wichtig. Sie sind vollauf zufrieden, wenn sie damit ein paar gemütliche QSOs fahren können. An DX oder gar am Durchbrechen von Pileups sind sie nicht interessiert. DX und Pileups sind ihnen vielleicht sogar ein Gräuel. Obwohl der Selbstbau von QRP-Geräten faszinierend sein kann, ist in meinem Beitrag nicht davon die Rede.

Bild HB9BMY
Der Autor, Peter HB9BMY

Faszination QRP DX (Version 1.1)

Peter Egger, HB9BMY, Jupiterstrasse 43/948, CH-3015 Bern E-Mail: hb9bmy@bluewin.ch

1. Einführung

1.1 Vorbemerkung

Zum QRP-Betrieb gehört beinahe untrennbar der Selbstbau. Viele QRPer befassen sich vorwiegend oder ausschliesslich damit. Der Betrieb ihrer Geräte ist ihnen weniger wichtig. Sie sind vollauf zufrieden, wenn sie damit ein paar gemütliche QSOs fahren können. An DX oder gar am Durchbrechen von Pileups sind sie nicht interessiert. DX und Pileups sind ihnen vielleicht sogar ein Gräuel. Obwohl der Selbstbau von QRP-Geräten faszinierend sein kann, ist in meinem Beitrag nicht davon die Rede. Mein Thema sind die überaus faszinierenden Möglichkeiten des QRP DX-Betriebes sowie die grosse Herausforderung, welche diese Spielart des Amateurfunks an uns und unsere Fähigkeiten stellt. Da die technische Ausrüstung dabei eine entscheidende Rolle spielt, werde ich mich auch dazu äussern. Im Zentrum meiner Ausführungen steht jedoch die QRP Betriebstechnik. Damit sich meine Überlegungen nicht allzu theoretisch und trocken anhören, werde ich immer wieder Erlebnisse aus meiner QRP DX-Praxis einflechten.

Zwar befinden sich diese Erlebnisse an der Stelle, worauf sie sich beziehen. Aber um den Gedankengang nicht zu stören, sind sie eingerückt formatiert. Dadurch unterscheiden sie sich optisch gut von den theoretischen Ausführungen. Die Leser können jeweils selbst entscheiden, ob sie den Text fortlaufend lesen wollen, oder zuerst die theoretischen Ausführungen zum jeweiligen Thema und erst danach die dazu passenden Beispiele aus der Praxis.

1.2 QRP Standard

Gemäss internationalem Standard versteht man unter QRP eine Leistung, die in CW und den digitalen Betriebsarten maximal 5 W und in SSB maximal 10 W beträgt. Zu diesem Standard ist folgendes zu bemerken:

  • Wie alle Standards ist auch dieser eine menschliche Erfindung und somit etwas Künstliches. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass er sich in der Praxis bewährt.
  • Der QRP Standard bezieht sich ausschliesslich und allein auf den Output des Senders und nicht auf die verwendete Antenne. Wenn er sich z.B. auf einen Dipol bezöge, wäre der Standard unklar, da der Gewinn und somit die effektiv abgestrahlte Leistung eines Dipols je nach Gelände und Höhe über Grund verschieden ist.
  • In dem der Standard unabhängig von der Antenne ist, gibt er die Möglichkeit, eine möglichst effiziente Antenne aufzubauen und dadurch ein möglichst lautes QRP Signal zu produzieren. QRPer verzichten zwar darauf, das lauteste Signal auf dem Band zu haben. Aber sie wollen nicht so leise wie möglich sein, sondern mit kleiner Leistung möglichst laut.

1.3 Weshalb macht man QRP?

  • Vielleicht ist man aus TVIund BCI-Gründen gezwungen, die Leistung zu reduzieren. Niemand lässt sich gerne zu etwas zwingen. Aber es kann sein, dass man trotz unfreiwilliger Leistungsreduktion merkt, dass man noch immer erfolgreich DX machen kann, und dass man von einem erzwungenen zu einem freiwilligen und überzeugten QRPer wird.
  • Vielleicht hat man genug vom ständigen Overkill an Leistung – besonders im Sonnenfleckenmaximum.
  • Vielleicht ist man in der Regel zwar ein bescheidener Mensch, hat aber ab und zu den brennenden Wunsch, es „den anderen“ zu zeigen: Aber eben nicht indem man ihnen (und den Nachbarn) mit der Endstufe „einheizt“, sondern indem man mit QRP dasselbe erreicht wie die anderen mit ihren Linears.
  • Vielleicht möchte man mit möglichst leichtem Gepäck Portabelbetrieb machen, und zwar auch an Orten, wo es keine Steckdosen gibt. Und vielleicht liebt man zwar das Summen der Bienen, nicht aber dasjenige eines Generators.
  • Vielleicht ist man vom Wunder der Radiowellen und ihrer Ausbreitung über die Ionosphäre fasziniert und davon, dass es mit so wenig Leistung überhaupt geht.
  • Vielleicht ist man ein Geizhals und möchte überall Strom sparen. Sollten Sie deswegen QRP machen, muss ich Sie dringend warnen: Wenn Sie sich auf QRP einlassen, kommt ganz sicher der Wunsch nach einem kleinen „schnuckeligen“ Transceiver, nach einer kleinen aber feinen Morsetaste, die dazu passt, oder nach einer effizienteren Antennenanlage. All das wird mehr Geld kosten als Sie durch QRP an Stromkosten einsparen.

1.4 Was ist mit QRP möglich?

Gegenüber einer klassischen 100 W Station beträgt die Einbusse bei QRP Betrieb in CW 13 dB und in SSB 10 dB. Wenn eine 100 W Station ein S9 Signal produziert, erzeugt die QRP Station noch S6-S7. Ist die 100 W Station nur mit S5 zu hören, kommt die QRP Station noch mit S2-S3 an. Hört man umgekehrt eine 100 W Station mit S3, besteht noch durchaus eine reelle Chance, dass sie unser QRP Signal von S1 aufnehmen kann.

Bereits diese theoretische Betrachtung zeigt, dass ein QRP Signal in der Praxis nicht derart chancenlos ist, wie es das Verhältnis zwischen 5 W und 100 W oder gar zwischen 5 W und einem kW auf den ersten Blick suggeriert. Was ist mit QRP in der rauhen DX Welt möglich?

Zwischen März 2000 und August 2003 konnte ich in CW folgende begehrte DXCC Gebiete arbeiten:
3A, 3B6/7, 3B8, 3B9, 3C, 3D2, 3DA, 3V, 3W, 3X, 4S, 4U1ITU, 4U1UN, 5A, 5B, 5H, 5N, 5R, 5U, 5V, 5W, 5X, 5Z, 6W, 6Y, 7P, 7Q, 7X, 8P, 8Q, 8R, 9G, 9H, 9J, 9K, 9L, 9M2, 9M6, 9N, 9Q, 9U, 9V, 9Y, A2, A3, A4, A5, A6, A7, A9, AP, BV, BV9P, BY, C3, C5, C6, C9, CEØA, CEØX, CM, CN, CP, CT3, CU, CX, CY9, CYØ, D2, D4, D6, DU, E3, E4, EA6, EA8, EA9, EP, ET, FG, FH, FJ, FK, FK/c, FM, FO, FO/a, FO/m, FP, FR, FR/t, FW, FY, GD, GJ, GU, HBØ, HC, HC8, HH, HI, HK, HKØ/a, HL, HP, HR, HS, HV, HZ, J2, J3, J5, J6, J7, J8, JD/m, JD/o, JT, JW, JX, JY, KG4, KH1, KH2, KH6, KH8, KHØ, KL, KP2, KP4, LX, OA, OD, OHØ, OJØ, OX, OY, P2, P4, PJ2, PJ7, PYØF, PYØT, PZ, R1FJ, R1MV, S7, S9, SØ, ST, SU, SV2/A, SV5, SV9, T32, T5, T7, T8, TA, TF, TG, TI, TI9, TK, TL, TR, TT, TU, TY, TZ, V2, V3, V4, V5, V6, V7, V8, VK9C, VK9L, VK9N, VK9X, VP2E, VP2M, VP2V, VP5, VP6/d, VP8/a, VP8/f, VP8/g, VP8/sh, VP8/o, VP8/ss, VP9, VQ9, VR, VU, XE, XT, XU, XW, XX9, XZ, YA, YB, YI, YJ, YK, YN, YS, YV, Z2, ZA, ZB, ZC4, ZD7, ZD8, ZD9, ZF, ZK1/n, ZK1/s, ZL7, ZP.

2. Der QRP-Transceiver

Da man die Leistung der meisten Transceiver bis unter 5 W reduzieren kann, ist meist kein neues Gerät erforderlich, um QRP zu machen. Natürlich macht es besonders Freude, wenn man einen Transceiver betreibt, den man selbst, oder wie ich zu einem grossen Teil selbst zusammengebaut hat. Aber notwendig ist das nicht. Jedoch sollte der Empfänger – wie überhaupt für DX – möglichst gute Eigenschaften haben.

Lieben Sie Ihren Transceiver? Haben Sie eine positive emotionale Beziehung zu ihm? Fühlen Sie sich mit ihm verbunden und als Einheit? – Oder lässt Sie Ihr Transceiver kalt? Finden Sie die vielen Knöpfe verwirrend, oder irgendwie lästig, und ergeht es Ihnen erst recht mit den vielen Menüs so, die sich perfiderweise irgendwo verstecken? Wissen Sie nicht, wie man damit Split macht, weil sich die Angaben dazu irgendwo im hinteren Teil der über hundert Seiten umfassenden Betriebsanleitung befindet, und weil Sie Betriebsanleitungen nun einmal hassen und deshalb nie über die ersten zwanzig Seiten hinausgekommen sind? – Oder ergeht es Ihnen gerade umgekehrt: Hat Ihr Gerät in Ihren Augen viel zu wenig Knöpfe und Einstellmöglichkeiten? Haben Sie, wenn Sie davor sitzen und es bedienen, das Gefühl, vor dem falschen Kasten zu sitzen? Und glauben Sie, mehr DX-Erfolge zu erreichen, wenn Sie nur das richtige Gerät hätten, eines mit einem grösseren Dynamikbereich, mit mehr Filtern und viel, viel mehr Software? Von DSP erzählt man sich ja die tollsten Sachen….

Ich selbst liebe meinen K2. Wenn ich damit arbeite, fühle ich mich mit ihm sehr verbunden und als Einheit. Und ich glaube daran, dass ich damit von DX-Erfolg zu DX-Erfolg schreite. Wegen meiner Begeisterung für meinen K2 sagt meine YL manchmal in spöttischem Ton, wenn ich in den Shack gehe: „Geisch wider zu dym Schätzeli?!“ Meine Frau spricht wie ich Berndeutsch und meint: „Gehst du wieder zu deinem Schätzchen?!“ Ich habe irgendwo gehört, dass man die Ehefrau nicht mehr als „XYL“ bezeichnet, sondern als „YL“. XYL ist „politically“ nicht mehr korrekt.

Doch ich schweife ab…. Zurück zu meinen liebevollen Gefühlen gegenüber meinem K2. – Vielleicht finden Sie meine Einstellung total schräg und völlig abgefahren. Mag sein. Aber was glauben Sie wohl, welche Haltung zu mehr DX-Erfolgen (mit oder ohne QRP) führt? Mit der Einstellung: „Mit meinem ‚Schätzchen‘ erreiche ich im Prinzip alles. Es ist nur eine Frage der Gelegenheit, der Zeit und der Ausdauer!“? Oder mit der Einstellung: „Mit dieser Scheisskiste da vor mir ist ja doch nichts los!“?

In unserer westlichen Kultur hat man üblicherweise keine emotionalen Bindungen zu etwas „rein Technischem“. Oder wenn man sie hat, schreibt man nicht darüber. In Japan sieht man das anders. Nach Auffassung der Japaner sind die „rein technischen Dinge“, die für uns unbelebt sind, irgendwie „belebt“. Ein Transceiver ist von da her gesehen nicht nur tote Materie, sondern auch etwas Geistiges und darum etwas, womit man sich identifizieren kann. Man muss, was das betrifft, nicht die Sichtweise der Japaner übernehmen. Aber der Umgang mit der Technik und somit mit dem eigenen Transceiver scheint mir bedenkenswert:

Der Japaner, der seinen Transceiver bedient, versteht sich nicht als Subjekt, das vor einem fremden und von ihm völlig getrennten Objekt sitzt und dieses zu beherrschen versucht. Sondern im besten Fall bilden er und sein Transceiver eine Einheit und lösen eine gemeinsame Aufgabe – die DX-Verbindung. Weder der Operator, noch der Transceiver können diese Aufgabe alleine lösen.

Nach diesem zugegebenermassen eher populärphilosophischen Exkurs komme ich zu dem, was ich damit sagen will: Wenn Sie mit Ihrem Gerät unzufrieden sind, wenn es Ihnen fremd oder sogar zuwider ist, kaufen Sie nicht gleich ein neues. Es könnte sein, dass es Ihnen mit dem Neuen nicht besser ergeht. Machen Sie sich vielmehr damit vertraut. Lesen Sie die Betriebsanleitung. Benützen Sie es möglichst oft und entdecken Sie die Stärken und Schwächen und versuchen Sie, die Schwächen durch eine möglichst gute und feinfühlige Bedienung wettzumachen. Je mehr Sie als Mensch aus Ihrem Transceiver, der Maschine, herausholen, desto befriedigender wird die Sache für Sie, und desto mehr DX-Erfolge werden Sie erzielen.

3. QRP DX-Operating

3.1 Bänder und Betriebsarten

Lauern Sie der DX Station auf einem Band auf, das sich besonders gut für QRP eignet. Wegen des hohen Störpegels sind die tieferen Bänder kaum für QRP DX geeignet. Umso mehr eignen sich die ruhigen höheren Bänder von 14-28 MHz. Besonders vielversprechend sind 18 und 24.9 MHz, da auf diesen beiden Bändern die Pileups fast immer kleiner sind als auf 14, 21 und 28 MHz.

CW und PSK31 sind für QRP DX geradezu ideal. Demgegenüber empfinde ich persönlich SSB als reine Quälerei und daher etwas für Masochisten. Die Erfolgschancen damit sind eher gering. Da ich meine QRP DX-Erfolge ausschliesslich mit CW errungen habe, beziehe ich mich in meinen weiteren Ausführungen stillschweigend auf diese Betriebsart.

3.2 CW-Empfang

Zwar sind die meisten Transceiver irgendwie CW-fähig, aber viele verfügen ab Werk über kein CW Filter. Dieses muss meistens als Option zusätzlich gekauft werden. Nun ist ein gutes Quarzfilter bzw. mechanisches Filter nicht gerade billig. Viele verzichten daher auf diese teure Anschaffung, und zwar auch YLs und OMs, die regelmässig CW machen. Das ist sehr schade. Denn wegen des fehlenden schmalen Filters kann der Empfänger seine Qualitäten in CW gar nicht zur Entfaltung bringen. Wenn in CW mit einem SSB-Filter gearbeitet wird, hat die ZF für diese Betriebsart die Breite eines Scheunentors. Es ist, wie wenn man mit einem ca. 20 kHz breiten Filter SSB hören würde. Ein SSB-Filter, das für CW verwendet wird, führt

  • zu mehr Rauschen,
  • zu mehr QRM
  • und dazu, dass die AGC von starken Signalen überrannt wird.

All das hat zur Folge, dass die schwachen DX-Signale nicht gehört werden können, obwohl der Empfänger über genügend Empfindlichkeit verfügt.

Demgegenüber führt ein schmales CW-Filter

  • zu einer dramatischen Reduktion des Rauschens und somit zu einer spürbaren Verbesserung des Signal-Rausch-Verhältnisses,
  • zu weniger QRM
  • und dazu, dass der Empfänger nicht durch starke Stationen zugestopft wird, die sich in der Nähe der schwachen DX-Station befinden.

Die Bandbreite eines CW-Filters sollte ungefähr zwischen 250 und 500 Hz betragen. Mit einem 250 Hz Filter hat man weniger QRM. Ein 500 Hz Filter hat dafür den Vorteil, dass man sich bei Split Betrieb besser in einem Pileup orientieren kann. Das CW-Filter sollte sich möglichst weit vorne im Empfänger befinden. Bei Mehrfachsupern ist zu überlegen, ob man kaskadierte Filter verwenden will. NF-Filter bzw. DSP die erst nach der ZF zum Einsatz kommen, sind nur noch von geringer Wirkung.

Gravierende Fehler in der Konzeption der Eingangsfilter, des Mischerkonzepts und der ZF können nicht weiter hinten ausgebügelt werden. So ist das Empfängerrauschen meines FT-1000MP weit höher als dasjenige meines K2. Zwar kann dieses mit Hilfe der kaskadierten 250 Hz Filter und DSP weitgehend beseitigt werden. Aber dadurch klingen die CW-Zeichen sehr steril. Demgegenüber produziert der K2 sehr wenig Eigenrauschen. Das einfache fünfpolige Quarzfilter liefert auch bei 400 Hz Bandbreite genügend Trennschärfe. Die CW-Zeichen klingen irgendwie voller. Das Hören mit dem K2 ist auch nach vielen Stunden noch das reinste Vergnügen!

Die AGC stellt man in CW auf „FAST“. Für den VFO wählt man kleine Abstimmschritte. Der VFO sollte nicht mehr als ca. 5 kHz pro Umdrehung überstreichen. Sonst besteht die Gefahr, dass man an den DX-Stationen vorbeirennt.

3.3 CW-Sendebetrieb

Um in CW zu DX-Erfolgen zu gelangen, ist das richtige Timing extrem wichtig und entscheidend. Das gilt nicht nur für QRP DX, für QRP jedoch ganz besonders. In diesem Zusammenhang scheint mir folgendes besonders wichtig:

  • Schalten Sie den Transceiver nicht manuell oder mit dem linken Fuss, um in den Sendebetrieb zu gelangen. Benützen Sie full break in, oder wenn Sie a) das Geklapper der Relais nervt, oder b) das „Gedudel“ im Empfänger irritiert, das Sie zwischen Ihren eigenen Zeichen hören, semi break in. Verwenden Sie eine Zeitkonstante in der Grössenordnung von ca. 0.3 Sekunden.
  • Verwenden Sie keine Handtaste und lieber auch keinen halbautomatischen mechanischen Bug – ausser Sie sind ein wahrer Meister und beherrschen diese Dinge so, dass sie wie eine elektronische Taste tönen. Es ist nicht nötig, dass die begehrte DX-Station nicht bloss ein schwaches bis hauchdünnes QRP Signal lesen muss, sondern darüber hinaus damit geschlagen ist, eine „Handschrift“ zu lesen, die man gelinde gesagt als ungenügend bezeichnen muss. Auf meinen DXpeditionen habe ich zwar immer versucht, auch noch die miserabelste Handschrift zu lesen. Aber ich kann Ihnen versichern, dass ich fast immer über diesen „blöden….“ geflucht habe, der kein CW konnte. Verwenden Sie daher einen Elbug mit einem guten Paddel.
  • Verwenden Sie einen Elbug mit Speichern und geben Sie Ihr Rufzeichen automatisch aus dem Speicher. So vermeiden Sie Tastfehler. Stellen Sie sich vor, die heiss begehrte DX-Station kommt nach einer Ewigkeit des Wartens und Bangens zurück, hat aber nur einen Teil Ihres Calls. Sie müssen Ihr Call nochmals geben – und vor lauter Aufregung vertasten Sie sich! Dann ist Ihr Call falsch im Log, und Sie müssen die DX-Station per Brief oder E-Mail davon überzeugen, dass wirklich Sie es sind, der sie gearbeitet hat. Ich habe von einem Fall gehört, da hat ein HB9er eine bedeutende DXpedition gearbeitet, aber der Operator nahm sein Call falsch auf und gab es folglich falsch im Log ein. Der QSL Manager der DXpedition verlangte als „Beweis“ für die Rechtmässigkeit der Forderung des HB9ers um Korrektur des Logs eine schriftliche Verzichtserklärung des Inhabers des falschen Calls. Dummerweise war das falsche Call gar nicht oder nicht mehr vergeben. Mir ist nicht bekannt, ob das Bundesamt für Kommunikation…. Also, legen Sie sich einen Elbug mit ein paar schönen Speicherchen zu.
  • Passen Sie sich dem Tempo der DX-Station an. Geben Sie nicht schneller als sie, sondern gleich schnell oder eine Nuance langsamer. Aber nicht mehr als – sagen wir einmal – 20 BPM langsamer als die DX-Station. Wenn man als DX-Station ein Pileup arbeitet, hat man einen bestimmten Rhythmus. Dieser wird empfindlich gestört, wenn die Rufer viel zu langsam geben. Wenn ich mit 120 BPM arbeite und es kommt jemand mit 60 BPM zurück, ist das eine Qual! Erst recht, wenn der 60er mit einer Handtaste oder mit dem linken Fuss gegeben wird. Um herauszufinden, wie schnell gegeben werden soll, kann man sich meistens am Pileup orientieren. Sagen Sie jetzt nicht, Sie könnten nicht so schnell geben! Sie haben sich ja eben entschlossen, einen Elbug mit Speichern anzuschaffen. Mit diesem ist das ein Kinderspiel.
  • Die meisten bedeutenden DXpeditionen senden mit 200 BPM und mehr. Das ist erfreulich, da es die Konkurrenz demoralisiert und dezimiert. Wenn Sie wie ich dieses Tempo nicht beherrschen, ist das noch lange kein Grund, um diesen extrem schnellen Pileups fernzubleiben. Um das Call der DXpedition zu entziffern, ist ein kleines Diktiergerät mit zwei Bandgeschwindigkeiten sehr hilfreich. Man zeichnet den Verkehr der DXpedition so lange mit der höheren Bandgeschwindigkeit auf, bis man sicher ist, dass sie ihr Call gegeben hat. Dann spult man zurück und lässt das Band langsam ablaufen. Sobald man das Rufzeichen der DXpedition eindeutig festgestellt hat, kann man sich ins Pileup stürzen. Wenn dann die DX-Station mit unserem Call zurückkommt, können wir es mit ziemlich grosser Sicherheit lesen. Das eigene Call hört man immer, auch wenn es sehr schnell gegeben wird.
  • Zum richtigen Timing gehört schliesslich auch, dass man erst ruft, wenn die DX-Station das Ende des laufenden QSOs signalisiert – aber auch nicht später! Erfahrungsgemäss kommt es hier auf Sekundenbruchteile an. Wenn man zu früh ruft, stört man. Wenn man zu spät mit Rufen beginnt, hat die DX-Station sich eventuell bereits für einen anderen Rufer entschieden. Unser Call geben wir nur ein einziges Mal. Dann gehen wir auf Empfang und hören, was sich tut. Falls die DX-Station niemandem antwortet, können wir nochmals rufen. Aber man muss aufpassen, dass man nicht dem Rhythmus der DX-Station in die Quere kommt.Meine Ausführungen sind sicher nicht vollständig. Während des Schreibens kamen mir Situationen in den Sinn, in denen es sich anders verhält. Von diesen will ich aber nicht sprechen, um nicht noch mehr Verwirrung zu stiften. Am besten Sie begeben sich aufs Band und sammeln neue Erfahrungen. Ich persönlich habe dadurch am meisten gelernt – und ich lerne noch immer dazu.

3.4 Wie findet man „the DX“?

Wenn ich morgens aufstehe und wissen will, ob das Aufstehen sich gelohnt hat, weil eine oder sogar mehrere interessante DX-Stationen QRV sind, begebe ich mich nicht an die Station und suche nicht die Bänder ab. Oh nein, dazu bin ich meistens noch viel zu müde. Ich werfe vielmehr den Computer an, und wenn dieser – ebenso müde wie ich – endlich mit Aufstarten fertig ist und seine Sinne beisammen hat, logge ich mich in den DX-Cluster ein, und schaue, was auf der Menükarte steht.

So bequem dieses morgendliche Ritual ist, so falsch ist es im Grunde genommen. Falsch deshalb, weil praktisch jede Station, die bereits im Cluster gemeldet wurde, von mehreren Stationen umlagert ist. Das gilt besonders auch für jene Stationen, die mit „no takers“ (keine Abnehmer) oder ähnlichen Bemerkungen gemeldet werden. Aber je mehr Stationen bereits rufen, desto schwieriger ist es, sie zu arbeiten. Das gilt besonders für den QRP DXer. Umgekehrt gilt: Je weniger Stationen rufen, desto grösser wird unsere Chance dranzukommen. Am grössten ist unsere Chance, wenn wir alleine sind. Das ist z.B. dann der Fall, wenn die DX-Station „CQ“ ruft, oder wenn sie ein Standard-QSO beendet. Vielleicht denken Sie jetzt: „Der macht wohl Witze! Dass die DX-Station und ich alleine sind, dieser Fall kommt praktisch nie vor!“ Da das DXAngebot im Cluster meist reichhaltig ist, und da die Cluster miteinander verbunden sind, haben wir die Tendenz zu meinen, dass nur existiert, was im Cluster geschrieben steht. D.h., dass alle DX-Stationen, die QRV sind, bereits gemeldet wurden. Diese Annahme ist jedoch völlig falsch. Das DX-Angebot auf den Bändern ist immer viel grösser als das die Cluster Meldungen vermuten lassen. Und deshalb ist auch mein morgendliches Ritual falsch. Richtiger wäre es, wenn ich nicht nur den Computer anschalten, sondern auch die Bänder absuchen würde.

Von Zeit zu Zeit nehme ich mir daher immer wieder vor, die Bänder auf DX-Stationen abzusuchen, die noch nicht im Cluster gemeldet wurden. Dabei achte ich nicht nur auf Merkmale wie das charakteristische „5NN“, sondern auch auf solche wie z.B. dem polaren Flatter oder den sonst irgendwie „weicheren“ Klang von DX-Signalen. Ich wage zu behaupten: Wenn man viel hört, bekommt man mit der Zeit einen „Riecher“ für DX-Stationen.

FOØCLA/A: Aus den Cluster Meldungen wusste ich, dass FOØCLA/A morgens auf 14.0 MHz QRV war. Als ich am 20.4.01 ein Signal hörte, das von sehr weit her zu kommen schien, das ein wenig polarem Flatter hatte, das am lautesten war, wenn ich den Beam nach Norden drehte, und dessen CW Rhythmus an denjenigen vieler französischer Amateure erinnerte, begann ich den Unbekannten anzurufen, noch ehe ich sein Rufzeichen mitbekam. Nach ca. einer Viertelstunde kam der grosse Unbekannte mit „HB9BMY“ zurück. Darauf gab ich: „DE HB9BMY/QRP HB9BMY/QRP 599 PSE AGN UR CALL?“ Worauf ich zu meiner grenzenlosen Genugtuung zu hören bekam: „HB9BMY/QRP DE FOØCLA/A QTH TUBUAI OC-152“ Ich weiss, ich weiss: Ein anständiger DXer ruft keine Station, deren Rufzeichen er nicht kennt. Aber wäre ich „anständig“ gewesen, hätte ich FOØCLA/A nicht im Log.

FO/N5XX: Als ich eines Morgens über das 20-Meter Band drehte und bei einem Signal mit polaren Flatter innehielt, stellte es sich heraus, dass dieses zu FO/N5XX auf den Marquesas gehörte. Ich hatte FO/N5XX schon zuvor einmal gehört, als er ein Pileup abarbeitete. Doch nun befand er sich in einem ganz normalen QSO mit einer europäischen Station. Als dieses zu Ende war, fürchtete ich, dass eine ganze Horde über ihn herfallen würde. Doch ich hatte Glück, ich war allein.

FW5ZL: Auch auf FW5ZL stiess ich, als er ein ganz normales QSO fuhr. Da er bei mir mit ca. S6 ankam, dachte ich: „Wenn er fertig ist, ist er längst im Cluster gemeldet, und dann ist hier die Hölle los. Es hat keinen Sinn zu warten.“ Ich wartete trotzdem, und als FW5ZL sein QSO beendet hatte, gab ich mein Rufzeichen dreimal. FW5ZL kam zurück, hatte wegen QRM zwar Mühe mich aufzunehmen, bekam aber immerhin mit, dass ich QRP war. Nach glücklicher Beendigung des QSOs brach noch immer nicht die Hölle los. Offensichtlich hatte niemand FW5ZL im Cluster gemeldet.

3.5 Der Trick mit dem angehängten „/QRP“

Wenn die DX Station transceive arbeitet, senden wir unser Rufzeichen mit dem Zusatz „/QRP“. Wenn nämlich alle gleichzeitig mit Rufen beginnen, verebbt das Pileup ungefähr zu dem Zeitpunkt, in dem wir den letzten Buchstaben unseres Calls senden. In der darauf einsetzenden Stille hört die DX-Station unser „/QRP“.

FS/W2JJ: Auf 24.903.0 MHz arbeitet FS/W2JJ ein Pileup ab. Um meine Chancen zu erhöhen, begann ich erst nach ihm Ausschau zu halten, nachdem er eine volle Woche QRV war. Leider arbeitet FS/W2JJ transceive und eher langsam. Der Andrang der Stationen wird also nicht kleiner, wenn ich noch weiter zuwarte. Jedesmal, wenn FS/W2JJ ein QSO beendet hat, gebe ich mein Rufzeichen einmal. Nach rund einer Viertelstunde habe ich noch immer keinen Erfolg. Ich habe die Wahl, so lange geduldig weiterzurufen, bis ich vielleicht nach ein bis zwei Stunden doch noch drankomme, oder meine Taktik zu ändern. Aber soviel Zeit habe ich diesmal nicht, und so versuche ich es anders. Anstatt nach jedem QSO einmal „HB9BMY“ sende ich nun „HB9BMY/QRP“. Meine Rechnung geht auf. Beim dritten Versuch kommt FS/W2JJ mit „QRP?“ zurück. Ich gebe mein Rufzeichen nun dreimal, jedesmal mit dem

Zusatz „/QRP“. FS/W2JJ gibt mir „RST 459“ und fragt nach meiner Leistung. Nicht ohne Stolz sende ich „PWR 5W“ und nenne noch meinen Namen. FS/W2JJ zeigt sich sehr befriedigt und verabschiedet sich herzlich.

KL7HF war bei mir mit S9+ zu hören und hatte ein Riesenpileup. Da er transceive arbeitete, rief ich mit angehängtem „/QRP“, was tatsächlich zum Erfolg führte. Del gab mir 579 und sagte: „SUPER QRP SIGS QSL SURE VIA BURO“. Wir waren beide ganz begeistert!

Wenn die DX-Station hingegen Split macht, geben wir unser Rufzeichen ohne diesen Zusatz. Bei Splitbetrieb wartet die DX-Station nicht darauf, bis alle Rufer verstummen, was sowieso nicht geschieht. Sondern sie konzentriert sich auf ein einziges Rufzeichen. Je kürzer dieses ist, desto leichter kann sie es in der Regel aufnehmen. Ein angehängtes „/QRP“ macht es der DX-Station in dieser Situation nur unnötig schwer, unser schwaches Signal zu lesen.

Da mir sehr viel daran gelegen ist, dass ich als QRP Station im Log der DX-Station stehe und eine QSL mit „/QRP“ erhalte, gebe ich, wenn die DX-Station mit meinem Rufzeichen zurückgekommen ist, im zweiten Durchgang nicht nur „5NN“, sondern „DE HB9BMY/QRP 5NN“.

3.6 Von lauten und leisen Signalen

In einer Westernkomödie, deren Titel ich vergessen habe, charakterisierte eine der Nebenfiguren den „Helden“ etwa so: „Joe (d.h. der „Held“) ist sehr nervös. Der schiesst auf alles, was sich bewegt – sogar auf die Blätter, die im Herbst herunterfallen!“ Manche DXer verhalten sich ebenso: Sie stürzen sich auf alles, was auch nur entfernt nach DX klingt. Ganz abgesehen davon, dass ich derlei Gebaren als eher schlechten Stil erachte, kommt man damit mit QRP nicht weit. Geht man nämlich davon aus, dass a) die Ausbreitungsbedingungen meist in beide Richtungen gleich gut sind, und b), dass die DX-Station mit QRO arbeitet, kommt unser Signal bei der DX-Station um ca. 2-4 S-Stufen schwächer an als umgekehrt.

Von da her liegt der Schluss nahe, mit QRP möglichst laute DX-Stationen anzurufen. Obwohl diese Taktik immer wieder zum Erfolg führt, versagt sie gerade bei Stationen mit überdurchschnittlich starken Signalen auffallend oft. So paradox es klingt: Je stärker eine begehrte DX-Station ist, desto schwieriger ist es, sie mit QRP zu arbeiten. Der Grund ist aber leicht zu verstehen. Überdurchschnittlich laute Stationen locken viele Rufer an. Z.B. alle faulen DXer, denen es zu mühsam ist, auf leise Signale zu achten, oder jene mit ineffizienten Antennen, dafür aber mit um so mehr Power. Und natürlich locken sie auch alle „Joes“ an, die – siehe oben – auf alles schiessen, was auch nur einen Pieps macht.

Wenn Sie noch nicht viel Erfahrung mit QRP DX haben, empfehle ich Ihnen, sich auf Signale im Bereich zwischen S5 und S7 zu konzentrieren. Damit sollten sie am ehesten Erfolg haben. Besonders am Anfang sind Erfolge wichtig, damit man nicht den Mut und die Freude an der Sache verliert.

TI9M & PWØT: Nachdem diese äusserst raren Inseln bereits eine Woche lang QRV gewesen waren, nahm ich die Jagd auf. TI9M war in den späten Abendstunden auf 20 Meter mit sehr lautem Signal zu hören. Nachdem ich mich über zwei Stunden lang vergeblich bemüht hatte, ging ich todmüde und frustriert ins Bett. Am nächsten Morgen wurde TI9M im Cluster auf 18 MHz gemeldet, ich hörte ihn allerdings nicht. „Vielleicht solltest du dich zuerst um PWØT kümmern“, ging es mir durch den Kopf. Aus den Clustermeldungen wusste ich, dass PWØT oft um 040 herum arbeitete. Also QSY nach 14.040.0 MHz. Tatsächlich, da ist etwas, allerdings ziemlich schwach! Nicht zu glauben, aber da ruft doch tatsächlich PWØT CQ! Ich rufe 1 kHz höher, doch PWØT ruft unbeirrt wieder CQ. „Ver…., wenn der noch lange CQ ruft, schnappen ihn mir die anderen weg und melden ihn im Cluster“, denke ich verzweifelt. Erst beim dritten Versuch kommt PWØT endlich zurück und bestätigt mein Call sogar mit „/QRP“. Danach ruft er weiter CQ.

Ich bin „high“. Doch für Siegesfeiern bleibt keine Zeit. Zurück auf 18 MHz, wo TI9M nun doch zu hören ist, schwach, aber es sollte trotzdem gehen. Nach drei oder vier Versuchen bin ich auch bei ihm im Log.

Wenn Sie ein erfahrener QRPer sind, rate ich Ihnen, auch Stationen mit Signalen <S5 anzurufen. Und sollten Sie gar ein hartgesottener QRP Freak sein, empfehle ich Ihnen sogar, auch Stationen zu rufen, deren Signale hart an der Grasnarbe liegen. Da Sie mit QRP 2-4 S-Stufen schwächer sind als die Gegenstation, werden Sie in der Regel nicht gehört. Denn in der Regel funktionieren die Ausbreitungsbedingungen in beide Richtungen gleich gut. Aber eben nicht immer! Es kommt immer wieder vor, dass die Ausbreitungsbedingungen in Richtung der hauchdünnen DX-Station gerade soviel besser sind, dass wir trotz QRP gehört werden. Da alle Faulen, die nur auf die lauten Signale hören, die Jungs mit den ineffizienten Antennen und die „Joes“ diesmal nicht mit von der Partie sind, sind die DX-Station und wir sozusagen unter uns.

VK9YL: „Kann ich noch einen Kuchen backen, bevor wir ins Wochenende fahren?“ fragt meine YL. „Jaja!“, sage ich begeistert, denn eben wurde im Cluster VK9YL auf 21 MHz in CW gemeldet. Es ist früher Nachmittag und VK9YL kommt bei mir nur gerade knapp über der Grasnarbe an. Leider arbeitet VK9YL transceive – und überhaupt mit QRP habe ich doch gar keine Chance! Aber schliesslich bin ich ein ganz verrückter Hund, und vielleicht geschieht ja ein Wunder. VK9YL wird nicht von vielen gerufen. Ich rufe daher wider alle Vernunft und ohne an das Wunder zu glauben. Doch zu meiner grenzenlosen Verblüffung geschieht dieses tatsächlich: VK9YL hört mein hauchdünnes QRP-Signal. Danach ruft sie mehrere Male vergeblich CQ und macht schliesslich QSY.

Ob die Ausbreitungsbedingungen Richtung DX wirklich entscheidend besser sind als umgekehrt, weiss man nie. Man findet es nur heraus, indem man es versucht. Da die Taktik, sehr schwache Stationen anzurufen, in der Hoffnung, dass sie einen trotzdem hören, nur selten zum Erfolg führt und daher viel Ausdauer und Geduld erfordert, empfehle ich sie nur erfahrenen QRPern, die auf genügend Erfolge zurückblicken können, um sich nicht entmutigen zu lassen.

3.7 Split – wie macht man das?

Wenn „good old“ Bill Shakespeare heute leben würde, wäre er natürlich Amateur. Schliesslich heisst sein bekanntestes Drama „Hamlet“, und darin ist das Wort „ham“ d.h. „Amateur“ enthalten. Anstatt „To be or not to be that is the question“ („Sein oder Nichtsein, das ist die Frage“) würde er dann schreiben: „Split oder nicht Split, das ist hier die Frage.“ Denn das ist die entscheidende Frage, die sich jedesmal stellt, wenn wir irgendwo auf den höheren Bändern auf eine DX-Station stossen, die ein Pileup abarbeitet, aber die rufenden Stationen nicht hören. Natürlich kann man in solchen Fällen auf den Busch klopfen, indem man entweder eine entsprechende Frage stellt, was in CW ziemlich umständlich ist, oder indem man die DX-Station auf deren QRG ruft. Besonders wirksam ist das mit eingeschaltetem Linear. Aber auch mit QRP erhält man in der Regel sogleich eine Antwort. Nur dass diese meist eher unfreundlich bis beleidigend ausfällt. Nein, um die Frage „Split oder nicht Split?“ zu beantworten, müssen wir subtiler vorgehen.

Wir lassen darum Mikrofon und Taste vorerst ruhen und suchen das Band oberhalb der DX-Station nach der Konkurrenz ab. Damit wir die DX-Station wiederfinden, müssen wir uns deren QRG merken. Eine andere Methode besteht darin, dass wir die Taste „A=B“ drücken und die QRG des aktiven VFOs in den zweiten VFO kopieren. Da das Kopieren der QRG bei den meisten Transceivern sowieso der erste Schritt zum Split Betrieb ist, verfahre ich meistens nach dieser Methode.

Wenn wir auf den ersten paar Kiloherz auf ein Pileup stossen, haben wir Glück und können zu Phase zwei übergehen. Wenn wir nicht gleich fündig werden, können wir folgendes tun, um herauszufinden, ob die DX-Station Split macht, und wo sie hört:

  • Wir kehren immer wieder auf die QRG der DX-Station zurück, um von ihr mehr zu erfahren. Besonders am Ende des QSOs gibt ein guter Operator regelmässig Anweisungen. Denn ein guter Operator weiss, dass ein gut geführtes Pileup im Interesse aller Beteiligten ist.
  • Um jederzeit und schnell auf die QRG der DX-Station zurückzukehren, ist es wichtig, die QRG der DX-Station mit der „A=B“ Taste zu kopieren und anschliessend mit der „A/B“ Taste hinund her zu schalten. Deshalb mein Tip: Lernen Sie, diese Tasten zu bedienen. Üben Sie so lange, bis Sie sie im Schlaf beherrschen. Und falls die Tasten bei Ihrem Gerät nicht funktionieren, greifen Sie zum Handbuch und finden Sie heraus, wie man sie konfiguriert.
  • Wenn die DX-Station das laufende QSO nicht nur mit „TU“ beendet, sondern endlich mit einer heiss ersehnten Information herausrückt, kann diese wie folgt lauten: „UP“, „UP1“, „UP2“, „UP5“ usw. „UP“ bedeutet, dass die DX-Station irgendwo oberhalb hört. In CW bedeutet „UP“ in vielen Fällen ein kHz höher, besonders bei halbraren DX-Stationen. Wenn es sich allerdings um Bouvet handelt, kann „UP“ zwischen fünf und fünfzig kHz alles bedeuten. „UP1“ meint meistens präzise ein kHz höher. Wogegen „UP2“ oder „UP5“ entweder präzise zwei bzw. fünf kHz höher bedeutet, oder mindestens zwei bis fünf kHz höher.ZK1EPY war vom 8.-16.3.01 morgens auf 14.018.0 MHz von Rarotonga aus zu hören. So auch am 15.3. Er machte Split und gab die Anweisung: „UP 1-2“. Er selbst hielt sich jedoch nicht an seine Aufforderung, sondern hörte viel höher. Als er sie wiederholte, folgte ich ihr nicht, sondern rief auf 14.022.1, wo er bereits früher eine Station gearbeitet hatte – und ich hatte damit Erfolg! Meine Freude war so gross, dass ich ZK1EPY seine Irreführung verzieh, da diese möglicherweise wesentlich zu meinem Erfolg beigetragen hatte. Grundsätzlich aber finde ich es nicht gut, das Pileup irrezuführen.
  • Es kommt auch vor, dass eine DX-Station einen ganz speziellen Hinweis gibt. Für diese ganz speziellen Hinweise gibt es zwar keine Regel. Aber ich erwähne sie deshalb, weil sie es uns unter Umständen ermöglichen, auch toprare DX-Stationen zu arbeiten.VP8THU: South Sandwich gehört zu jenen top-raren DXCC-Gebieten, die ich noch nie gearbeitet hatte. Bei der DXpedition von 1992 kam ich nicht zum Zuge. VP8THU würde nur gerade drei bis vier Tage lang QRV sein. Wenn ich ein einziges QSO mit Einsatz des Linears schaffte, konnte ich mich ausserordentlich glücklich schätzen. An ein QRP QSO dachte ich schon gar nicht. Nachdem VP8THU bereits einen Tag lang QRV war, hörte ich ihn am Abend des 19.1.02 auf 14.024.0 MHz. Mit dem VFO des Zweitempfängers meines FT-1000MP kurbelte ich das Pileup ab: Und siehe, es war sehr breit! Da hörte ich wie VP8THU ein QSO mit „73“ beendete. Ob der wohl auf 14.073.0 hört? Wohl kaum. Dennoch raste ich in Windeseile mit dem zweiten VFO auf 14.073.0, sendete mein Rufzeichen, und erwartete nichts. Mir stand fast das Herz still, als VP8THU sogleich mit „HB9BMY 5NN“ zurückkam. Mit weichen Knien wankte ich in die gute Stube, wo meine YL sass: „Ich habe eben VP8THU gearbeitet!“ stiess ich flüsternd hervor. – Dann kehrte ich in den Shack zurück, hängte die Antenne vom Linear ab und schloss sie an den K2 an. Wenn VP8THU einmal mit „Trick 73“ arbeitete, tat er es möglicherweise nochmals. Aber er tat es nicht mehr. Auf 14.073.0 war mittlerweile ein Riesenpileup. Da hörte ich VP8THU ein QSO mit „88“ beenden. Aha, also „Trick 88“ – auch gut. Auf 14.087.5 hörte ich eine DL-Station VP8THU arbeiten. Ich rief nun ebenfalls auf dieser QRG. Nach einigen Minuten hörte ich VP8THU senden: „HB9BMY 5NN“ Wieder Herzstillstand, weiche Knie und zur YL in die gute Stube gewankt: „Ich habe…. ich habe VP8THU gearbeitet!“ „Jaja“, erwiderte die YL ungerührt, „das wissen wir schon.“ „Aber ich habe VP8THU zum zweitenmal und mit dem K2 mit lumpigen fünf Wättlein gearbeitet!“ stiess ich hervor. Dann ging ich in den Keller und holte die obligate Flasche Wein. Da zeigte meine YL doch noch ein wenig Interesse….
  • Falls uns die DX-Station nicht den geringsten Hinweis gibt, wo sie hört, sollten wir auch daran denken, unterhalb ihrer QRG nach dem Pileup zu suchen. Zwar hören DX-Stationen selten unterhalb ihrer QRG, aber es kommt trotzdem vor.

Wenn wir das Pileup endlich gefunden haben, beginnt Phase zwei: Wir müssen herausfinden, wie breit das Pileup ist und nach welchem Muster die DX-Station hört. Zu diesem Zweck hören wir so lange auf der QRG der DX-Station mit, bis sie mit einem Rufzeichen – natürlich nicht mit unserem – zurückkommt, denn wir senden noch lange nicht! Sobald die DX-Station z.B. „HA9SU 5NN“ sendet, wechseln wir blitzschell den VFO. Den Finger haben wir sowieso schon vorher auf die entsprechende Taste gelegt. Dann suchen wir mit dem zweiten VFO nach HA9SU. Da dieser sein Rufzeichen nicht mehr wiederholt, suchen wir nach einer Station, die „5NN“ gibt. Hat die DX-Station das Call nicht vollständig oder falsch aufgenommen, dauert der Durchgang länger und unsere Chancen sind noch grösser, die Gegenstation zu hören.

Es braucht oft viele Versuche, bis man eine Station findet, die gerade dran ist. In CW und in grossen Pileups ist die Sache besonders schwierig und manchmal sogar chancenlos. Trotzdem führt kein Weg an dieser Hausaufgabe vorbei. Haben wir endlich eine Station gefunden, die das QSO mit der DX-Station macht, könnten wir auf die QRG der DX-Station gehen, den Transceiver – wenn wir es nicht schon längst getan haben – auf „Split“ stellen und nach dem Ende des QSOs unser Call geben. Wenn es sich um eine halbrare DX-Station handelt, und besonders wenn wir mit QRO arbeiten, kann es sein, dass wir nun zum Zuge kommen. Aber wir arbeiten ja mit QRP!

Wir unterdrücken daher den Drang zu senden und wiederholen das ganze Spiel nochmals: Wir versuchen eine weitere Station zu finden, die das QSO macht.

Und dann noch eine und noch eine…. Wir spielen dieses Spiel so lange bis wir über das Pileup Bescheid wissen. Bis wir wissen, wie breit und wie dicht es ist, und was die DX-Station nach jedem QSO tut. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Die DX-Station hört immer auf der gleichen QRG. Das hat bei grossem Andrang zur Folge, dass bei jedem Durchgang nur eine der stärksten Stationen durchkommt. Ausser es gibt eine Pause und unser QRP Signal fällt in diese hinein. Pausen gibt es z.B. dann, wenn der Operator der DX-Station kurz aufsteht, sich eine Tasse Kaffe holt, nach dem Generator sieht, oder sich an ein stilles Örtchen begibt.VK9NS tauchte am 4.4.01 überraschend gegen 20 UTC auf 18.072.0 MHz auf. Die mittlere Signalstärke lag um S5 herum, stieg jedoch immer wieder für kurze Zeit auf S9 an. Jim machte Split, schien jedoch mit einem schmalen Filter immer auf derselben QRG zu hören. Ich machte mir daher wenig Hoffnung auf ein QSO. Umso erstaunter war ich, als VK9NS nach ca. einer halben Stunde bei einer kurzen S9 Phase zurückkam.
  • Die DX-Station hört immer auf der gleichen QRG +/einige hundert Hz. Diese Situation unterscheidet sich nicht wesentlich von der eben erwähnten.
  • Die DX-Station hört nach jedem QSO ein bisschen höher oder tiefer. Entweder handelt es sich dabei nicht um einen festen Betrag, oder sie geht in festen Schritten nach oben bzw. nach unten, z.B. 600 Hz oder ein kHz. Meist sind es Schritte im Bereiche von 300 Hz, ca. eine CW Bandbreite. Besonders bedeutende DXpeditionen arbeiten gerne nach diesem Muster. Wenn eine DX-Station nach jedem QSO höher bzw. tiefer geht, ist es sinnlos, dort zu rufen, wo das laufende QSO stattfindet. Man ruft höher bzw. tiefer. Wobei das obere Ende des Pileups meist weniger dicht ist. Viele DXer scheinen sich davor zu fürchten, zu hoch zu rufen und der DX-Station sozusagen dovonzulaufen.K1B (=KH1) wurde am 28.4.02 QRV. In den ersten drei Tagen hörte ich ihn überhaupt nicht, so dass ich dachte, dass ich froh sein müsste, wenn ich überhaupt ein einziges QSO schaffen würde – und zwar mit dem „Nachbrenner“, versteht sich. Am 1.5. hörte ich K1B endlich mit brauchbarem Signal auf 18.070 MHz, und einen Tag später begann ich ihn mit ca. 300 W Output zu rufen. Das Pileup war noch immer sehr breit. Ich stellte daher das Rufen nach einigen Minuten wieder ein und versuchte herauszufinden, wie K1B arbeitete. Bei dem Tempo, wie er Stationen abarbeitete – vier bis fünf QSOs pro Minute! – hatte er unmöglich Zeit, am VFO Knopf zu drehen. Ich vermutete daher, dass er sich in Sprüngen nach oben arbeitete. Die Frage war nun: Wieviel betrug ein solcher Sprung? Nach ca. fünf Minuten hatte ich die Lösung: K1B ging nach jedem QSO exakt ein kHz höher. Wahrscheinlich hatte er beim VFO seines Transceivers 1 kHz Schritte eingestellt und bediente diesen über die Tastatur seines Computers. Nach jedem QSO brauchte er nur die entsprechende Taste zu drücken…. Ich setzte mich auf 18.084 MHz und damit genügend weit weg vom grossen Haufen der Rufer. Nach etwa zehn Minuten war ich im Log.

Natürlich freute ich mich riesig – und natürlich beschloss ich sofort, es auch mit QRP zu versuchen. Die Frage war nur, wann. Wenn ich bis gegen das Ende der DXpedition wartete, würde die Anzahl der Rufer geringer, aber dafür würde K1B nicht mehr mit einem derart grossen Split arbeiten. Ein schmaler Split Bereich aber favorisiert die starken Stationen. Ich würde es also versuchen, solange K1B noch mit einem riesigen Split Bereich arbeitete. Da er nur in 1 kHz Schritten hörte, war die Sache einfach: Ich würde ein ruhiges Plätzchen weit oben suchen und geduldig warten, bis mir K1B ins Netz ging. Anderntags (3.5.) war K1B auf 21.025 MHz laut zu hören. Ich verfuhr nach meiner Taktik. Immer, wenn ich „HB9“ hörte, war ich voller Hoffnung. Doch es waren immer die anderen, die an die Reihe kamen. Frustriert brach ich die Übung nach über zwei Stunden ab.

Über das Wochenende würde K1B wohl noch viel stärker belagert sein. Am besten ich schonte meine Nerven und versuchte es anfangs Woche. Am Samstagabend dachte ich, ich könnte vielleicht doch etwas verpassen: Nur mal schnell auf 18.070 MHz hören. „Uh, der ist aber stark – und das um diese Zeit!“ Wie steht es mit dem Pileup? – Gar nicht mehr so grimmig! Ich begann auf 18.084 MHz zu rufen, merkte aber bald, dass K1B seine Taktik der 1 kHz Schritte aufgegeben hatte. Das Pileup war nur noch ein paar wenige kHz breit. Da ich beobachtet hatte, dass K1B Stationen, die ihn bereits auf dem gleichen Band in der gleichen Betriebsart gearbeitet hatten, darauf aufmerksam machte und zum Nächsten ging, rief ich mit angehängtem „/QRP“, was die Chance, gehört zu werden, wesentlich herabsetzte. Doch K1B hörte mich trotzdem. Ohne nachzufragen kam er schliesslich mit „HB9BMY/QRP“ zurück. Was hat dieser OP für Ohren!

Zunächst sass ich wie versteinert da. Ich konnte es fast nicht glauben. Doch schliesslich liess ich doch noch den obligaten Urschrei fahren. Ich stand vom Stuhl auf, um meine Sippe zu informieren. Mirjam, die damals vierzehn Jahre zählte, lief mir als Erste über den Weg. Ich öffnete schon meinen Mund, um ihr zu erklären, wie unendlich weit weg KH1 liegt, wie wahnsinnig schwer, ja geradezu unmöglich es ist, es mit QRP zu arbeiten, aber wie es mir dank K2, guter Antenne und fantastischer Ausbreitungsbedingungen und so weiter und so fort trotzdem gelang. Aber bevor ich auch nur einen einzigen Ton von all dem von mir geben konnte, sagte Mirjam: „Vati, i wott nüt ghöre!“ (Papa, ich will nichts hören!)

Wie sagte doch Martti Laine (OH2BH) bereits vor vielen Jahren: „A DXer can be understood only by another DXer!“ – Ein DXer kann nur von einem anderen DXer verstanden werden. Für QRPer gilt offensichtlich dasselbe. Und noch etwas anderes sehr Wahres sagte Martti: „DXers are believers!“ (DXer sind Glaubende!) Nur wer daran glaubt, „es“ mit QRP zu schaffen, schafft es auch wirklich. Wobei dieser Glaube mit den Erfolgen wächst.

  • Die DX-Station hört völlig unberechenbar mal da und mal dort. In solchen Situationen nützt uns all unser Können nichts. Man kommt nur mit viel Glück zum Zuge, oder man vertagt die Sache und hofft, dass das Pileup gegen Ende der DXpedition so stark abflaut, dass wir auch mit QRP zum Zuge kommen.

3.8 Vom optimalen Umgang mit seiner Zeit

Eines der Verkaufsargumente für Linearendstufen lautet: „Live is too short for QRP!“ (Das Leben ist zu kurz für QRP!) Stimmt das? – Oder anders gefragt: Ist eine Grundvoraussetzung für eine Karriere als QRP DXer ein unbeschränkter Vorrat an Zeit? Muss man pensioniert sein? – Beide Fragen kann ich klar verneinen: Nein, man braucht nicht unendlich viel Zeit. Und man muss auch nicht pensioniert sein. (Ganz abgesehen davon, dass die Pensionierten bekanntlich noch weniger Zeit haben als die Werktätigen.) Nach über drei Jahren QRP DX Erfahrung wage ich zu behaupten: Um eine DX-Station mit QRP zu arbeiten, benötigt man meistens nicht wesentlich mehr Zeit als mit QRO. D.h., ein DXGreenhorn mit wenig Erfahrung wird sowohl mit QRO, als auch mit QRP entsprechend viel Zeit benötigen. Während jemand, der sich bereits in der Honor Roll befindet oder kurz davor steht und somit über sehr viel Erfahrung verfügt, entsprechend schneller zum Zuge kommt. Auch kann – und das ist ebenso wichtig! – jemand mit viel DX-Erfahrung mit der Zeit immer besser abschätzen, wann die Situation für QRP aussichtslos ist, und es daher angebracht ist, die begehrte DX-Station für den Moment ziehen zu lassen, und seine Zeit und Energie nicht unnötig zu verschwenden.

5W1SA fuhr normale QSOs, allerdings mit dem feinen Unterschied, dass er Split machte, dass er bereits im Cluster gemeldet worden war, und dass er leider allzu laut hörbar war, so dass er viele Rufer anlockte. Eigentlich wusste ich ganz genau, dass ich in einer solchen Situation mit QRP keine Chance hatte. Aber wider besseres Wissen rief ich ihn trotzdem immer wieder an und hoffte sozusagen auf ein Wunder. Und natürlich geschah dieses nicht, und ich ärgerte mich darüber, meine Zeit verschwendet zu haben. Ich tröstete mich aber damit, dass er noch lange in Samoa bleiben würde, und dass ich nun wenigstens wusste, wo er wieder auftau-

chen würde. Und tatsächlich, einige Tage später erschien er auf derselben QRG, nur mit dem Unterschied, dass er bei mir nur hauchdünn zu hören war. Eigentlich war anzunehmen, dass er mein QRP Signal nicht hören konnte. Aber manchmal funktioniert die Ausbreitung nicht in beide Richtungen gleich. So auch hier: 5W1SA hörte mich wesentlich besser als ich ihn. Natürlich gab ich ihm einen viel zu guten Rapport. Ich wollte ja schliesslich eine QSL von ihm….

XY3C: Während der meisten Zeit schafften die CW-Operateure höchstens ein QSO pro Minute. Das Tempo, mit dem gegeben wurde, war zum Verzweifeln gemächlich, und das Split Fenster, in dem sie hörten, viel, viel zu schmal. Das hatte zur Folge, dass kaum jemand durch ein hohes CW Tempo abgeschreckt wurde, dass es ein Kinderspiel war, herauszufinden, wo XY3C hörte, und dass alle die unzähligen lauten QRO Stationen auf einem Haufen sassen. Die Chance, mit QRP durchzukommen war gleich Null. Natürlich konnte ich es trotzdem nicht lassen, mich ebenfalls mitten ins QRO Getümmel zu stürzen. Nachdem ich damit einige Stunden vergeudet hatte – zwar auf mehrere Tage verteilt, aber eben doch vergeudet – wurde ich der Sache überdrüssig und begann mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ich Myanmar diesmal nicht arbeiten würde.

Am 17.8.02 wurde XY3C in den Stunden nach Mitternacht auf 14.030.0 MHz mit dem Vermerk „alone!!“ (allein!!) gemeldet. XY3C war tatsächlich auf der genannten QRG mit genügend lautem Signal zu hören. Zwar war er nicht mehr „alone“, aber der Rufer waren so wenige, dass XY3C transceive arbeitete. Um meine Chancen zu erhöhen, gab ich mein Rufzeichen mit dem Zusatz „/QRP“. Und siehe da, nach ein paar Versuchen war ich im Log, wobei XY3C sich mit mir darüber freute, dass ich es mit QRP geschafft hatte.

Da ein DXer wie alle anderen „gewöhnlichen Sterblichen“ nur über ein sehr begrenztes Mass an Zeit verfügt, muss er mit dieser möglichst gut haushalten. Für den QRP DXer gilt das umso mehr. – Was bedeutet das?

Der beste HF-Verstärker, sagt man, sei die Antenne. Das stimmt nicht. Der beste HF-Verstärker ist die Ionosphäre. Wer schon je beobachtet hat, wie ein hauchdünnes Signal innerhalb von Minuten auf S9 kletterte, oder umgekehrt innerhalb derselben Zeit praktisch verschwand, wird das verstehen. Mit seiner Zeit haushälterisch umzugehen bedeutet daher, über die Ausbreitungsbedingungen Bescheid zu wissen und die Bänder dann abzusuchen bzw. dann QRV zu sein, wenn die Ionosphäre in der gewünschten DX-Richtung leitend ist. Um z.B. Stationen aus dem Pazifik zu arbeiten, konzentriert man seine Aktivitäten vor allem auf die Zeit nach Sonnenaufgang bzw. um den Sonnenuntergang herum.

Da die Öffnungszeiten in den Pazifik kurz sind, lasse ich in der Regel alle anderen DX-Stationen links liegen, die auch zu anderen Tageszeiten zu arbeiten sind.
Seine Zeit möglichst gut zu nützen, bedeutet natürlich nicht nur, die beste Tageszeit, sondern auch die beste Jahreszeit zu nutzen. Auch die jahreszeitlichen Schwankungen sind frappant. Die besten Ausbreitungsbedingungen herrschen um die Tagundnachtgleiche. Besonders gilt das für den Pazifik, aber nicht nur. Die Monate September/Oktober und März/April sind für QRP DXer besonders vielversprechend.

Ein haushälterischer Umgang mit seiner Zeit ist besonders auch angesichts bedeutender DXpeditionen angesagt. Wenn eine lang ersehnte DXpedition endlich QRV wird, juckt es uns DXer in allen Gliedern: Wir wollen aufspringen und an die Station rasen, und unsere Hände wollen nach den Knöpfen des Transceivers, nach Mikrofon oder Taste grabschen. Aber während der QROer seinem Tatendrang die Zügel schiessen lassen darf, muss sich der QRPer äusserste Selbstbeherrschung und eiserne Disziplin auferlegen: Er darf sich unter gar keinen Umständen ins Getümmel stürzen! Sonst ist er nach spätestens drei Tagen vergeblichen Rufens derart erschöpft und frustriert, dass er es nie und nimmer ins Log der DXpedition schafft. Die Zeit des tagelangen Wartens gibt der DXpedition nicht nur Gelegenheit, das mehrschichtige Pileup auf eine Schicht abzuarbeiten, sondern wir erhalten dadurch die Möglichkeit, die Bänder zu beobachten und herauszufinden, wann und wo für uns die günstigste Gelegenheit zum Rufen ist. Mit beobachten meine ich selber hören und nicht bloss die Cluster Meldungen lesen!

Versuchen Sie daher nicht, bedeutende DXpeditionen zu Beginn ihrer Aktivität oder gar am ersten Tag zu arbeiten. Das ist reine Zeitverschwendung! Warten Sie bis zum zweitletzten oder letzten Tag der Aktivität. Dafür müssen Sie a) gut über die Dauer der DXpedition informiert sein und b) gute Nerven haben und warten können. Aber beides lohnt sich!

VK9CXF & VK9FCXW begann ich erst am vierten Tag ihrer einwöchigen Aktivität zu rufen. Ich hatte beobachtet, dass VK9CXF vom frühen Nachmittag bis ca. 18.00 UTC auf 24.9 MHz zu hören war, allerdings mit derart leisem Signal, dass ich mit QRP keine Chance hatte. Zwischen 16.00 und 18.00 UTC war VK9CXW auf 14.0 MHz mit gutem Signal zu hören. Am vierten Abend begann ich daher VK9CXW auf 20 Meter zu rufen, bemerkte aber, dass das Pileup noch sehr grimmig war. Wegen der viel kürzeren Öffnungen auf 14.0 MHz hatte VK9CXW nicht so viele EUs arbeiten können wie VK9CXF auf 24.9 MHz. Von Zeit zu Zeit schaltete ich kurz auf 24.9 MHz zu einem Signalcheck. Dabei bemerkte ich, dass VK9CXF zwar noch immer nicht laut, aber im Vergleich zu den vorangehenden Tagen stärker war – so stark, dass ich mit QRP eine Chance haben müsste. Ich sollte mich nicht täuschen. VK9CXF kam mit „Y 599“ zurück, worauf sich folgender Dialog abspielte: „HB9BMY HB9BMY“ „HB9BMY 599“ „DE HB9BMY/QRP HB9BMY/QRP“ „FB QRP TU VK9CXF UP“ – G3TXF, der sich hinter dem Rufzeichen VK9CXF verbirgt, ist wohl einer der besten Operateure der Welt. Er wickelt seine Pileups nicht nur in atemberaubender Geschwindigkeit ab, so schnell, dass man fest daran glaubt, wenn man nur geduldig anstehe, komme man ganz gewiss früher oder später dran. Sondern er hat auch phänomenale Ohren. Er hört das Gras wachsen und darum auch ein ganz schwaches QRP Signal. – Übrigens: Als ich ihn am letzten Tag seiner Aktivität auf 18.088.0 MHz hörte, konnte ich nicht widerstehen, nochmals zuzugreifen.

T32RD: Wenn T32RD nicht volle drei Wochen QRV und mit ausgezeichneten Operateuren besetzt gewesen, und wenn die DX-Bedingungen nicht derart vorteilhaft gewesen wären, hätte ich T32RD nicht mit 5 W arbeiten können. Auch so benötigte ich viel Geduld, indem ich mehrere Tage auf der Lauer lag. Und zum Schluss hatte ich ganz einfach Glück, dass ich T32RD auf 21.008.0 MHz CQ rufen hörte und nach ein paar Minuten drankam, noch ehe ihn jemand im Cluster meldete. Nach erfolgtem QSO schrieb ich nicht in den Cluster: „Just worked T32RD with 5 W on 21.009.34“, oder „Yessss!!!“ oder „Bingooooo!!!“, denn ich dachte, dass vielleicht eine QRP-Schwester oder ein QRP-Bruder T32RD ebenfalls arbeiten möchte. Ich schrie nur wie ein Irrer in der Wohnung herum.

YJØABQ: Zwar wurde YJØABQ häufig im Cluster gemeldet, aber er war bei mir kaum je hörbar, und dann so hauchdünn, dass ich mit QRP keine Chance hatte. In der Hoffnung, dass die Ionosphäre in Richtung Vanuatu besser leiten könnte als umgekehrt, rief ich YJØABQ trotzdem einige Male an, doch vergeblich. Aber ich gab nicht auf. Es wurmte mich von Tag zu Tag mehr, dass ich YJØABQ während seiner dreiwöchigen Aktivität nicht arbeiten könnte und intensivierte meine Bemühungen auf ein Höchstmass. Nachdem ich YJØABQ am 2.4.01 abends auf 14 MHz endlich einmal mit brauchbarem Signal gehört hatte, lauerte ich ihm am folgenden Abend ab 19 UTC auf. Um 19.35 UTC hörte ich, wie er auf 14.008.0 MHz CQ rief. Ich feuerte mein Rufzeichen dreimal aus dem Speicher – und war endlich an der Reihe.

VP6DI war fast rund um die Uhr auf 21.020 MHz QRV. Dadurch kamen in den ersten paar Tagen der DXpedition schon sehr viele zum Zuge. Am 20.3.02 hörte ich VP6DI auf 21.020 MHz: „CQ DE VP6DI UP5“ Zwar war VP6DI zu schwach, um mit QRP eine Chance zu haben, aber ich versuchte es trotzdem und war nach ein paar Versuchen auch tatsächlich im Log. Als ich ein paar Tage darauf VP6DI wieder CQ rufen hörte, konnte ich nicht widerstehen und arbeitete ihn nochmals. Ich weiss schon, dass man „sowas“ nicht tut. Aber ich hätte es psychisch nur schwer verkraftet, nicht im Log von VP6DI zu stehen.

4. Antennen

4.1 Grundsätzliches zur Antennenanlage

Um mit QRP auf einer regelmässigen Basis DX-Erfolge zu erzielen, ist eine effiziente Antennenanlage unverzichtbar. Gegenüber einer QRO Station „verschenkt“ eine QRP Station 2-4 S-Stufen. Um dennoch ein einigermassen konkurrenzfähiges Signal zu erzeugen, dürfen keine weiteren dB oder gar S-Stufen geopfert werden, die vermieden werden können. Zwar lassen sich Verluste in der Antennenanlage grundsätzlich nicht vermeiden. Sie sind aber möglichst gering zu halten.

Zur Antennenanlage gehören die Antenne, die Speiseleitung und Anpassglieder. Vermeidbare und daher inakzeptable Verluste entstehen durch

  • Koaxialkabel mit hoher Dämpfung.
  • Koaxialkabel, die in Bezug auf die verwendete Wellenlänge sehr lang sind.
  • nicht korrekt montierte oder korrodierte Stecker.
  • nicht korrekt montierte abgestimmte Speiseleitungen.
  • Verwendung von Sperrkreisen.
  • starke mechanische Verkürzung von Antennen. Diese hat einen sehr kleinen Strahlungswiderstand der Antenne zur Folge, was zu hohen Strömen und hohen ohmschen Verlusten führt. Da der hohe kapazitive Blindanteil einer verkürzten Antenne mit einer Induktivität kompensiert werden muss, werden weitere Verluste durch Verlängerungsspulen bzw. Transformationsglieder eingehandelt.
  • koaxialgespeiste Antennen, die nicht auf ihrer Resonanzfrequenz betrieben werden, und deren Anpassung an den Transceiver mit dem Tuner im Shack erzwungen wird.
  • die Verwendung unsymmetrischer Antennenkonzepte.
  • Unsymmetrien in der Speisung.
    Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
    Ein QRP DXer sollte bei der Konzipierung seiner Antennenanlage auf folgendes achten:
  • Verwendung verlustarmer Koaxialkabel oder korrekt montierter abgestimmter Speiseleitungen.
  • Verwendung von Elementen voller Länge.
  • Verwendung symmetrischer Antennen.
  • Symmetrische Speisung von Antennen.

Verwendung von Antennen, die einen flachen vertikalen Abstrahlwinkel haben.

4.2 Richtantennen

Zwar lassen sich viele DX-Stationen auch mit einfachen Antennen mit QRP arbeiten. Aber um bei den ganz Raren zum Zuge zu kommen, ist eine Richtantenne erforderlich. Eine Richtantenne verleiht unserem QRP-Signal nicht nur mehr Durchschlagskraft, sondern wir hören damit die DX-Station besser und vor allem länger. Gegenüber einer einfacheren Antenne vergrössert eine Richtantenne den Zeitraum ganz erheblich, in dem die begehrte DX-Station gearbeitet werden kann.

Die wichtigsten und am weitest verbreiteten Richtantennen sind:

  • Yagis
  • Cubical Quads
  • Logperiodische Antennen

Weil man als QRPer noch mehr auf gute Ausbreitungsbedingungen angewiesen ist als die DXer mit QRO, sind Mehrbandsysteme vorzuziehen und Monobandantennen zu vermeiden – ausser man hat die nötige Infrastruktur und kann sich für jedes Band eine separate Richtantenne leisten.

Die wohl am weitest verbreitete Yagi Antenne ist der 3-Element 3-Band Beam für 20-15-10 Meter mit Sperrkreisen. Die Verluste pro Sperrkreis liegen in der Grössenordnung eines halben dB. Da die erwähnte Yagi insgesamt zwölf (12!) Sperrkreise hat, fallen insgesamt bis zu ca. 6 dB Verluste an. Vom proklamierten Gewinn der Herstellerfirmen bleibt daher nicht viel übrig.

Wenn Betreiber von Trap-Yagis den Eindruck haben, ihre Antenne habe einen beachtlichen Gewinn, dann liegt das am Strahlungsdiagramm der Antenne, d.h. daran, dass die Antenne meist ein spürbares Vor/Rückwärtsund Vor/SeitenVerhältnis hat. Dadurch lassen sich nicht nur Stationen ausblenden, sondern auch hervorheben.

Noch grössere Verluste handelt man sich ein, wenn man einen Mini-Beam betreibt. Aber auch grössere Antennengebilde sind keine gute Lösung. Wenn man dem 3-Element Beam zusätzliche Elemente hinzufügt, die ebenfalls Sperrkreise enthalten, wird der zusätzliche Gewinn durch die zusätzlichen Verluste in den Sperrkreisen zunichte gemacht. Alles, was man mit einem derartigen Konzept erreicht, sind ein optisch imposantes bzw. störendes Antennengebilde (es soll ja auch Menschen geben, die eine Antenne hässlich finden), ein riesiger Materialaufwand und hohe Kosten. Eine derartige Antenne ist ja nicht gerade billig, ein entsprechender Rotor und Turm ebenfalls nicht.

Der Ausweg aus dieser Situation besteht in verschachtelten Monoband-Yagis auf einem gemeinsamen Boom. Firmen wie Force 12 und OptiBeam beschreiten diesen Weg. Zwar sind deren Elemente um einiges länger als diejenigen einer Antenne mit Sperrkreisen, die Länge des Booms aber liegt im Bereich einer 3Element Trap-Yagi. Allerdings kann man auf dieser Boomlänge keine 3-Element Yagis mehr unterbringen, sondern „nur“ noch 2-Element Yagis. Da jedoch keine Verluste durch Sperrkreise anfallen, übertrifft eine 2-Element MonobandYagi eine 3-Element Trap-Yagi. Zudem ist die Gewinn-Kurve einer MonobandYagi wesentlich breiter als diejenige einer Trap-Yagi. Und schliesslich lassen sich bei verschachtelten Monoband-Systemen anstatt drei, fünf Bänder unterbringen. Wie bereits erwähnt sind das 17und 12-Meter Band für QRP besonders attraktiv. Es gibt weniger Konkurrenz und diese verfügt über weniger Richtantennen als diejenige auf den klassischen Bändern.

Eine überaus gut gelungene Ausführung einer verschachtelten Monoband-Yagi ist die OB9-5 von OptiBeam, die ich seit April 2002 betreibe. Die Antennen von OptiBeam sind die mechanisch und elektrisch überzeugendsten Produkte, die ich je gesehen habe. Die OB9-5 hat einen Gewinn von ca. 4.5 dB, eine Boomlänge von 5.1 m, eine maximale Elementlänge von 11 m und ein Gewicht von 25 kg. Während der Strahlungswiderstand vieler Yagis bei 20Ω oder noch tiefer liegt, liegt dieser bei der OB9-5 bei 50Ω. Sowohl die Gewinnals auch die SWR-Kurve sind extrem flach. Die OB9-5 ist so konzipiert, dass sie einen extrem kleinen vertikalen Öffnungswinkel hat und demzufolge sehr flach strahlt. Obwohl der Antennengewinn „nur“ im Bereich einer 2-Element Yagi liegt, erweist sich die OB9-5 in der Praxis als „Killerbeam“ – und das mit QRP! Verschachtelte Monoband-Antennen stellen in der Regel auch Cubical Quads für mehrere Bänder dar. Es ist naheliegend und nur mit einem verhältnismässig geringen mechanischen Mehraufwand verbunden, auf einem Traggerüst, das für 20 Meter dimensioniert ist, zusätzliche Schleifen für 15 und 10 Meter aufzuspannen, oder sogar für 17 und 12 Meter. Wenn das Traggerüst die Form einer „Spinne“ hat, stimmen erst noch die Abstände.

Von grossem Nachteil ist jedoch, dass sich die einzelnen Elemente untereinander stark beeinflussen. Der Abgleich ist ein Alptraum. Es ist unmöglich, auf jedem Band das Gewinnmaximum zu erreichen, das mit einer reinen MonobandAusführung möglich wäre. Zudem führt die Beeinflussung der Elemente untereinander dazu, dass das Strahlungsdiagramm zum Teil Nebenzipfel aufweist.

Im Unterschied zu einer Yagi benötigt eine Quad in der vertikalen Ebene sehr viel Platz. Auch ist sie mechanisch sehr viel anfälliger. Stürme und Vereisung führen immer wieder dazu, dass Drähte reissen oder Spreizer abbrechen. Die genannten Schwierigkeiten und Nachteile nehmen nochmals erheblich zu, wenn man eine 3-Element 5-Band Quad aufbaut und betreibt.

Da das Bedürfnis, alle fünf Bänder von 20-10 Meter mit einer einzigen Richtantenne abzudecken, unter DXern sehr gross ist, kamen in den letzten Jahren auch vermehrt logperiodische Antennen auf den Markt. Logperiodische Antennen haben bei gleicher Boomlänge weniger Gewinn als eine Yagi. Auch ist der vertikale Öffnungswinkel erheblich grösser als bei einer Yagi, was zu einer steileren Abstrahlung führt und damit zu bedeutend leiseren DX-Signalen. Der vertikale Öffnungswinkel wird erst bei sehr grossen Boom-Längen und sehr vielen Elementen kleiner. Die mechanischen Abmessungen der Antenne, ihre Windlast und ihr Gewicht wachsen dabei ins Gigantische.

Alle besprochenen Richtantennen sind nur dann DX-tauglich, wenn sie genügend hoch installiert sind. Das gilt auch für Quads. Die weit verbreitete Meinung, eine Quad strahle auch bei geringer Höhe noch flach, ist falsch. Als Faustregel bis zu ca. 20 m Höhe gilt für flaches Gelände: Je höher, desto besser. Wenn eine Richtantenne nicht mindestens 12 m über Grund aufgehängt werden kann, lohnt sich der Aufwand meiner Meinung nach nicht. Um eine Richtantenne zu installieren, benötigt man einen Mast bzw. Turm mit entsprechender mechanischer Festigkeit, ein entsprechendes Fundament bzw. eine entsprechende Befestigung und einen Rotor. Ob man die Richtantenne 8 m, 10 m oder

12 m hoch aufhängt, ist vom mechanischen und finanziellen Aufwand her gesehen kein wirklich entscheidender Unterschied. Aber unter dem Gesichtspunkt der erzielten DX-Ergebnisse liegen zwischen einer 8 m hohen Richtantenne und einer 12 m hohen Welten. Anstatt eine Richtantenne in 8 m Höhe zu installieren, empfiehlt es sich, z.B. einen Dipol in 15 m Höhe zu betreiben. Der materielle und finanzielle Aufwand ist um vieles geringer.

4.3 Einelement Antennen

Obwohl Richtantennen Antennen mit weniger Gewinn vorzuziehen sind, kann man auch mit einfachen Antennen mit QRP DX-Erfolge verzeichnen. Grundsätzlich kommen dafür folgende Antennentypen in Frage:

  • Dipole bzw. Inverted Vees
  • Einelement Quads und Delta Loops − Langdrahtantennen, FD-4 u.ä.
  • Vertikalantennen
  • Magnetische Antennen

Zu diesen möchte ich folgendes bemerken:

  • Quads und Delta Loops bringen gegenüber Dipolen kaum Vorteile. Für denPortabelbetrieb sind sie meist zu kompliziert im Aufbau. Da sie in der vertikalen Ebene viel Platz benötigen, müssen sie höher aufgehängt werden als Dipole, um gleich flache vertikale Abstrahlungswinkel zu erzielen.Als 8Q7QR/QRP verwendete ich eine Einelement Quad. Sie wurde an der Spitze aufgehängt und am unteren Ende eingespeist. Die Masthöhe betrug 15.5 m, die Seitenlänge der Quad 4.2 m. Gespeist wurde die Antenne mit Hühnerleitung. Sie liess sich von 14-28 MHz durchstimmen. Die Antenne war sehr ruhig und lieferte erstaunlich gute Signale.
  • Langdrahtantennen benötigen sehr viel Platz, der oft nicht vorhanden ist. Sie haben zu viel Noise und weisen ein stark frequenzabhängiges Strahlungsdiagramm mit vielen Nullstellen auf. Ein akzeptabler Gewinn beschränkt sich auf schmale Keulen, die garantiert nicht in die richtige Richtung strahlen.
  • Mit magnetischen Antennen habe ich keine Erfahrungen gemacht. Ihr Gewinn entspricht bestenfalls demjenigen eines Dipols. Da der mechanische Aufwand beträchtlich höher ist als bei anderen Einelement Antennen, habe ich bisher auf ihre Verwendung verzichtet.Die am weitest verbreiteten Einelement Antennen sind Dipole bzw. Inverted Vees und Vertikalantennen. Sie sollen darum noch kurz besprochen werden.

4.4 Dipole und Inverted Vees

Die Inverted Vee Antenne wird von einigen als „Dipol des armen Mannes“ bezeichnet, da man bekanntlich zwei hochgelegene Punkte benötigt, um eine Dipolantenne aufzuhängen, für ein Inverted Vee dagegen nur einen. Wer arm ist, kann sich natürlich nur einen Mast leisten – wenn überhaupt.

Gemäss meiner eigenen Erfahrung ist die Inverted Vee Antenne jedoch eine erstaunlich leistungsfähige DX-Antenne – vorausgesetzt sie hängt hoch. Sie eignet sich hervorragend für „arme DXer“, die ihr Dasein in einer Stadt oder in einem Vorort fristen müssen. Sie ist nicht nur unauffällig, sondern auch leicht. Man braucht dafür keinen Gitterturm, sondern kann sie bereits an einem Fiberglasmast aufhängen, den man auf einem Dach montiert. Da die Antenne leicht ist, kann man ohne grossen Aufwand beachtliche Antennenhöhen realisieren, besonders wenn man den Mast nicht auf den Boden stellt, sondern auf ein mehrstöckiges Haus. Wie alle horizontal polarisierten Antennen sind Dipole bzw. Inverted Vees viel weniger umgebungsempfindlich als Vertikalantennen. Bei der praktischen Ausführung und Installation ist folgendes zu beachten:

  • Dipole bzw. Inverted Vees für Frequenzen von 14-28 MHz sind in der Regel möglichst hoch anzubringen, jedoch mindestens 12 m über Grund. Wenn sich ein Gebäude unter der Antenne befindet, ist die Mindesthöhe grösser.
  • Der vertikale Öffnungswinkel zwischen den beiden Dipolhälften sollte bei Inverted Vees 90° nicht unterschreiten und möglichst gross sein.
  • Inverted Vees können mit Koaxialkabel oder mit einer Hühnerleiter gespiesen werden. Da eine Inverted Vee mehr auf die Speiseleitung koppelt als ein gestreckter Dipol, ist bei der Verwendung einer Hühnerleiter auf absolute Symmetrie sowohl der Antenne als auch der Speiseleitung zu achten!
  • Multibandbetrieb kann bei koaxial gespeisten Antennen mit verlustarmen Sperrkreisen erreicht werden, wenn nicht mehr als drei Bänder abgedeckt werden. Sonst steigen die Verluste zu sehr an. Die Antennen von Kelemen sind sehr gut gelungene Kompromisse.

Besonders einfach lässt sich Multibandbetrieb bei Antennen mit abgestimmter Speiseleitung realisieren. Man dimensioniert die Antenne für das unterste Band als Halbwellendipol und verwendet sie für die höheren Bänder bis zu einer Oktave, d.h. bis zur doppelten Frequenz. Ein Halbwellendipol für 14 MHz kann so für insgesamt fünf Bänder genutzt werden. Wenn man ein Inverted Vee bzw. ein Dipol für einen grösseren Frequenzbereich verwendet, sinkt mit sinkender Frequenz der Wirkungsgrad. Mit steigender Frequenz wird das Strahlungsdiagramm aufgesplittert. Die Antenne benimmt sich dann immer mehr wie ein Langdraht.

4.5 Vertikalantennen

Vor vielen Jahren hörte ich einen englischen Amateur sagen: „The groundplane antenna is an unefficient antenna in every direction.“ (Die Groundplane Antenne ist eine in jede Richtung ineffiziente Antenne.) Entgegen dieser wenig schmeichelhaften Bewertung habe ich auch Aussagen gelesen und gehört, welche die Groundplane Antenne (GP) bzw. andere Vertikalantennen als wahre Wunderantennen preisen, die wegen ihrer phänomenalen Flachstrahlung sogar Richtantennen ausstechen sollen. – Wie so oft im Leben liegt auch hier die Wahrheit irgendwo dazwischen.

Zur Familie der Vertikalantennen gehören sämtliche vertikal polarisierten Antennen. Für alle gilt: Sie sind im Unterschied zu horizontal polarisierten Antennen extrem umgebungsempfindlich. Zur Umgebung gehören nicht nur die nähere und weitere Topografie und deren Bodenleitfähigkeit, sondern auch Bäume, Häuser, usw. Um mit vertikal polarisierten Antennen gute Ergebnisse zu erzielen, ist eine gute Bodenleitfähigkeit und eine möglichst freie Umgebung erforderlich. Direkt am Meer vollbringen sie tatsächlich wahre Wunder.

Da selbst eine kurze Besprechung sämtlicher vertikal polarisierter Antennen den Rahmen dieses Beitrages sprengen würde, beschränke ich mich hier auf ein paar Hinweise zu den im Amateurfunk am weitaus häufigst verwendeten Monopolantennen, GPs und vertikalen Dioplen:

  • Vertikale Dipole und GPs mit elevated Radials arbeiten besser als GPs, deren Radials auf dem Boden liegen oder vergraben sind. Noch schlechter schneiden asymmetrische Monopolantennen mit einer schlechten HF-Erde ab.
  • GPs und vertikale Dipole strahlen nur dann flach, wenn sie nicht zu hoch montiert werden. Der Strombauch sollte sich nicht weiter als ca. 0.3λ vom Erdboden befinden. Vertikalantennen, die z.B. auf hohen Gebäuden montiert werden, werden zu ineffizienten Steilstrahlern.
  • Um das Strahlungsdiagramm nicht durcheinander zu bringen und keine ungewollte Steilstrahlung zu erzielen, ist auf Symmetrie bei den Radials und bei der Speisung zu achten.Sehr gute Ergebnisse habe ich während vielen Jahren mit meiner Portabelund DXpeditions-Vertikalantenne gemacht. Diese besteht aus einem 5.5 m langen Strahler und zwei Radials mit derselben Länge. Die Radials stehen sich in Bezug auf die horizontale Ebene exakt gegenüber. In Bezug auf die vertikale Ebene laufen sie in einem Winkel von ca. 30-40° (nicht kritisch) schräg nach unten. Die Speisung geschieht durch eine abgestimmte Feederleitung. Ein Leiter wird mit dem Strahler verbunden, der andere mit den beiden Radials. Die ganze Antenne besteht aus isolierter Kupferlitze. Sie wird an einem (nicht ganz) 10 m hohen Fiberglasmast von Spieth aufgehängt und befestigt. Der Einspeisepunkt befindet sich in ca. 4 m Höhe. Das System lässt sich von 7-28 MHz abstimmen und hat mir in all den Jahren immer wieder viel Freude bereitet.Zuerst wollte ich die Station nicht mit in die Ferien nach St. Antoni (FR) nehmen, da ich den zeitlichen Aufwand für die Installation meiner portabel Vertikalantenne scheute. Aber dann dachte ich, ich könnte es bereuen, zwei Wochen ganz ohne Funk dazusitzen, und ich sagte mir: „QRP macht auf alle Fälle Freude, auch mit einer Vertikalantenne.“ Ich konnte nicht ahnen, wieviel Freude ich tatsächlich haben würde. Während meinen Ferien anfangs Oktober 2001 waren die DX-Bedingungen schlicht hervorragend. So war auf 28 MHz KL7J an meiner Vertikalantenne mit S9 zu hören. Oder so hörte ich am 6.10. um 18.00 UTC KH6AT auf 28.005.0 MHz CQ rufen. Er war bei mir ganz knapp über der Grasnarbe. Da KH6AT mindestens 100 W hatte, war es sinnlos zu rufen. Natürlich rief ich trotzdem, und er kam tatsächlich zurück und gab mir einen Rapport von 449! Offensichtlich leitete die Ionosphäre wieder einmal besser in die DX-Richtung als umgekehrt. Da ich mich nicht erinnern kann, Hawaii jemals zuvor auf 28 MHz gehört zu haben, hörte ich KH6AT weiter zu. In der folgenden Stunde wurde er immer lauter. Dadurch nahm auch das Pileup zu, und KH6AT machte Split. Obwohl er um 19.04 UTC bei mir noch immer mit S7 ankam, versiegte das Pileup und er rief wieder CQ. Da ihm keiner antwortete, konnte ich nicht widerstehen und rief ihn nochmals an. KH6AT kam sofort zurück und gab mir 559. Diesmal stimmte das Verhältnis zwischen den gegebenen Rapporten. Danach rief KH6AT nochmals erfolglos CQ und machte QRT. Dass ich sozusagen der Erste und der Letzte war, erkläre ich mir so, dass ganz flache Abstrahlungswinkel zum Zuge kamen, die ich dank meiner Hanglage mit meiner Vertikalantenne erzielen konnte.

5. Schlusswort

Ziel meiner Ausführungen war es, etwas von der Faszination des QRP DX-Betriebes zu vermitteln. Ich hoffe, dass das gelungen ist. Auch hoffe ich, dass die interessierten Leser aufgrund meiner Ausführungen gemerkt haben, dass QRP DX-Erfolge nicht unmöglich und keine Hexerei sind, sondern auch im Bereiche ihrer Möglichkeiten liegen. Was jeweils möglich ist, hängt stark von den technischen Möglichkeiten und den persönlichen Fähigkeiten als Operator ab. Aber auch wer über keine Richtantenne und über keine gute Lage verfügt, kann mit QRP erstaunlich viel erreichen.

Es gehört nicht nur zum Wesen des DX-Erfolges, sondern des Erfolges ganz allgemein, dass er nicht allein von uns selbst abhängig ist und nicht nur in unserer Hand liegt, sondern nur durch die Umstände, die uns in die Hand arbeiten, zustande kommt. Und zum Wesen des Erfolges gehört auch, dass Erfolge schnell verblassen und verwelken. Die Freude über eine gelungene DX-Verbindung und über die seltene QSL hält meist nicht sehr lange an. Viel wichtiger als das Erreichen von DX-Erfolgen und das Sammeln von QSL-Karten ist die Beschäftigung mit QRP: Das Absuchen der Bänder nach DX-Signalen, die Freude am Klang der Signale, die über den Nordpol kommen, die Beschäftigung mit dem Problem des Knackens eines Pileups, die Beschäftigung mit den Ausbreitungsbedingungen, dem Bau von Geräten und noch besseren Antennen….

Die Beschäftigung mit all dem, das Staunen darüber, dass „es“ geht, und die Faszination, die all das, was mit QRP zusammenhängt, in uns auslöst, ist das Entscheidende und noch viel wichtiger als der Erfolg.

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